Mariä Empfängnis

Schon lange, bevor Theologen und Päpste sich über die Mutter Jesu dogmatische Gedanken machten, verehrte das christliche Volk Maria als voll gelungenen, ganz und gar geglückten Menschen. Bereits die Urkirche sah in Maria eine besonders "Begnadete" (Lukas 1,28) und "Gesegnete" (Lukas 1,42), ein Ideal des wahren Christenmenschen. Daran anknüpfend besingen die orthodoxen Christen sie bis heute als Panagia (Ganz-Heilige), verehren sie die Christen des Abendlandes als Immaculata (Unbefleckte), also als einen Menschen, der in moralischer Hinsicht "kern-gesund" ist, nicht infiziert von der allgemeinen Immunschwäche gegenüber dem Bösen, von der "Erbsünde", wie die Theologen sagen. Katholischer Glaube bekennt: Vom ersten Augenblick ihres Lebens (Empfängnis) an durfte Maria ungetrübt (unbefleckt) in der Freundschaft mit Gott leben. Das ist der Sinn des missverständlichen Ausdrucks "Unbefleckte Empfängnis". Ein unglückliches Wort für eine glückliche Sache!
Ein eigenes kirchliches Fest, an dem man der Erwählung Marias im Mutterleib gedenkt, ist seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar. Im Jahre 1854 unterstrich Papst Pius IX. durch die Verkündigung eines Dogmas - er bediente sich dabei ganz der theologischen Sprache seines Jahrhunderts - die besondere Begabung und Berufung Marias.
Maria Empfängnis - Was bedeutet das für unser Leben?
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Nicht nur Marias Leben, auch unser Leben ist von Gottes Liebe gewollt. In diesem Sinn ist jeder von uns ein "Wunschkind" (auch wer es für seine Eltern nicht gewesen sein sollte). Mensch sein heißt: geliebt werden und dadurch selber lieben lernen.
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Gott bietet uns seine Freundschaft an, und diese Freundschaft kann uns befähigen, unsere Lebensaufgabe zu erfüllen, wie Maria ihre Aufgabe erfüllt hat.
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Gottes "Methoden", das Böse in der Welt zu überwinden, haben wenig mit Härte und Gewalt, aber sehr viel mit Anmut, Milde und innerer Kraft zu tun. Bilder zum Fest des 8. Dezembers zeigen Maria sehr oft als junge, zarte Frau, der die Schlange der Bosheit entmachtet zu Füßen liegt (als Hoffnungszeichen für uns alle: vgl. Römer 16,20)
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Recht verstandene Marienverehrung darf nicht mit "Sexualfeindlichkeit" in einen Topf geworfen werden (was leider immer wieder passiert). Denn am 8. Dezember feiern wir die Zeugung Marias, und diese geschah auf ganz natürliche und gottgewollte Weise: durch die körperliche Liebe ihrer Eltern Anna und Joachim.
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In Maria zeigt uns Gott, was reifer Glaube ist: Maria ist kein "Waserl", sondern eine Frau, die Gott durchaus kritische Fragen stellt (Lukas 1,34 u. 2,48.), ihren Sohn Jesus nicht immer versteht (Lukas 2,41-51), sehr dunkle Stunden erleben muss (Johannes 19,25), aber in all dem bleibt sie ein offener und lernfähiger Mensch, weil sie sich ganz und gar von Gottes Liebe getragen weiß (Lukas 1,45, 46).
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Echter Glaube ist daran zu erkennen, dass er uns menschlich reifen lässt.
Übrigens
Nicht nur Christen, sondern auch gläubige Muslime verehren Maria als vorbildlichen Menschen, der bereits im Mutterleib von Gott erwählt und unter seinen besonderen Schutz genommen worden ist (Koran, Sure 3, Vers 42 u. öfter).